Setzen Sie Ihre Entwicklungsprojekte agil um? Falls ja, dann ist Scrum auf Einzelteam-Ebene für Sie bestimmt ein alter Hut. Sie kennen die Kernkonzepte wie Product Backlog, Sprint Review und Scrum Master aus dem FF, sind mit dem Agilen Manifesto bestens vertraut.
Doch wie gehen Sie vor, wenn der Output eines einzelnen Entwicklungsteams nicht mehr ausreicht? Wenn das Produkt zu umfangreich, die Zeitspanne zu knapp bemessen, die geforderte Qualität zu hoch angesetzt ist? Wenn Ihre Mitarbeiter an verschiedenen Standorten parallel an einem Ergebnis arbeiten? Scrum – DAS agile Framework – lässt Sie in solchen Fällen leider allein.
Doch keine Angst: Ansätze wie das Large-Scale Scrum Framework – kurz LeSS – springen in die Lücke und greifen Ihnen bei agilen Großprojekten unter die Arme. Wer und was hinter LeSS steht und ob im agilen Kontext Weniger wirklich Mehr bedeutet, beleuchten wir in diesem mosaiic Impuls.
Zweck – Warum ein Large-Scale Scrum (LeSS) Framework?
Auf einen Satz reduziert: das Large-Scale Scrum (LeSS) Framework unterstützt Sie bei der Produktentwicklung von mehreren nach Scrum arbeitenden Teams. Das Rahmenwerk liefert ihnen organisatorische Verfahrensweisen, um Ihre einzelnen Scrum Teams mit geringem administrativen Aufwand effektiv zu synchronisieren. Dabei werden traditionellen Teamleiter- und Projektmanagerrollen eliminiert. Stattdessen definiert ein sogenannter Product Owner funktions- und komponentenübergreifend das Produkt, welches parallel von mehreren selbstorganisierten Teams umgesetzt wird.
Aufbau – Grundprinzipien von LeSS
Analog dem bereits vorgestellten Scaled Agile Framework fußt auch LeSS auf spezifischen Prinzipien. Diese sollen Sie beim Einsatz des Rahmenwerks in der verteilten Produktentwicklung unterstützen.
- Large-Scale Scrum ist Scrum
- Transparenz
- Mehr mit Weniger
- Gesamtproduktfokus
- Kundenzentrierung
- Kontinuierliche Verbesserung hinzu Perfektion
- ‚Lean‘ (knapp) Denken
- Systemisches Denken
- Empirische Prozesssteuerung
- Warteschlangentheorie
Details zu jedem Prinzip und die Beziehung zu anderen Prinzipien finden Sie auf der offiziellen englischsprachigen LeSS Webseite. Viele der Prinzipien sind bereits im Scrum Guide beschrieben, beziehen sich dort jedoch auf den Einzelteam-Kontext.
Neben den Prinzipien fördert LeSS technische Exzellenz, beispielsweise kontinuierliche Integration und Auslieferung oder die Testautomation. Einen englischsprachigen Überblick alle 10 Exzellenzfelder finden Sie hier.
Anwendung – Skalierung von LeSS auf die Projektprogrammebene
Für den Einsatz unterteilt LeSS in zwei Fälle: Projekte, die 8 oder weniger Teams involvieren und solche, die mehr als 9 Teams benötigen.
- LeSS: Rahmenwerk für bis zu 8 Teams mit jeweils max. 8 Personen. Diese entwickeln gemeinsam an einem Produkt unter einem einzigen Product Owner.
- LeSS Huge: Rahmenwerk für mehr als 8 Teams die für einen Product Owner an einem Produkt arbeiten. Jeweils 4 bis 8 Teams arbeiten gemeinsam unter einem Area Product Owner an einem sogenannten Requirement Area, eine Menge von aus Kundensicht zusammengehörigen Produktanforderungen.
Details zur Aufbau- und Ablauforganisation sowie dem Mindset von LeSS finden Sie auf der Webseite unter Structure sowie Management. Auch bei der Einführung des Frameworks steht Ihnen das Large-Scale Scrum Framework zur Seite. So erhalten Sie unter anderem Hinweise für den perfekten Start, Coaching Tipps sowie eine Feature Team Adoption Map.
Pros & Cons – Die Vor- und Nachteile des Large-Scale Scrum Framework
Wie das Akronym bereits andeutet, gibt sich das LeSS Framework sehr leichtgewichtig. Aufbauend auf Scrum werden nur sehr wenige zusätzliche Konzepte eingeführt. Damit ist der Ansatz ideal, wenn Sie bereits über Agile und Lean Kompetenzen verfügen und beabsichtigen Projektprogramme per Scrum abzufahren.
Gegenüber dem Scaled Agile Framework gibt der Rahmen bzgl. Unternehmensstrategie, -architektur oder -portfolio keinerlei Auskunft. Gerade mittlere und große Organisationen benötigen auf höheren Ebenen jedoch häufig Klarheit. Klarheit bezüglich Organisation, Abläufe und Ergebnisse. LeSS liefert hier (bisher) keine Konzepte.
Hintergrund – Personen hinter dem Large-Scale Scrum Framework
Hinter dem Large-Scale Scrum Framework stehen die zwei Ingenieure Craig Larman und Bas Vodde. Im Jahre 2005 arbeiteten beide bei Nokias Siemens Networks und starteten zeitgleich die Arbeit an LeSS. Neben Scrum basiert das Framework auf Larmans und Voddes Erfahrung bei der Entwicklung großer Produkte in Finanz- und Telekommunikationsbranche. In zahlreichen Experimenten fanden die Techniker heraus, welche agilen Modelle und Methoden in der Praxis komplexer Projektprogramme funktionieren. 2013 gossen sie ihre Erkenntnisse schließlich in das LeSS Framework Regeln.
Laut Webseite Angaben wurde der Ansatz in kleinen als auch großen Teams erprobt, nutzten produktbasierte Unternehmen (z.B. JP Morgan) LeSS gleichermaßen wie projektorientierte Firmen (z.B. Valtech). Seit 2014 steht hinter dem Rahmenwerk die LeSS Company B.V.. Analog dem Scaled Agile Framework, ist LeSS frei verfügbar. Die Webseite less.works bietet Ihnen zahlreiche kostenfreie englischsprachige Blogbeiträge, Lern- und Trainingsmaterialien, Videos und Buchkapitel. Einnahmen generiert das Unternehmen mit LeSS Zertifizierung, Training, Coaching sowie Konferenzen.
Fazit
Ihre Einzelteams arbeiten bereits nach Scrum? Sie planen ein einzelnes Großprodukt an welchem mehrere Teams parallel entwickeln sollen? Dann sollten Sie ein Blick auf das Large-Scale Scrum Framework werfen. Bzgl. Rollen, Ablauf und Ergebnissen variiert das Framework nicht nennenswert von Ken Schwabers und Jeff Sutherlands Originalvorgehen Scrum. Nur das LeSS die agile Produktentwicklung eine Ebene höher auf das Programm-Level hebt.