Die Anforderungsanalyse steht an erster Stelle, wenn Du Dich mit einem neuen Vorhaben, beispielsweise dem Einstieg in den E-Commerce auseinandersetzt. Sie hilft Dir nicht nur dabei, die Größenordnung des Projektes richtig einzuschätzen, sondern auch Anforderungen konkret zu definieren, um im Anschluss den passenden Rahmen festlegen zu können.
Was ist eine Anforderungsanalyse?
Das Ziel einer Anforderungsanalyse ist es, die Anforderungen an ein durchzuführendes Projekt zu ermitteln, zu konkretisieren, zu strukturieren und zu prüfen.
Eine Anforderungsanalyse kann dabei in nahezu jedem Projekt oder Vorhaben angewendet werden. Dazu müssen die Anforderungen zunächst definiert werden, damit Du Dich bei der Umsetzung für die richtigen (priorisierten) Komponenten entscheiden kannst.
In einer Anforderungsanalyse wird häufig zwischen funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen differenziert:
Funktionale Anforderungen
Bei den funktionalen Anforderungen handelt es sich um Anforderungen, welche direkt dem Projekt dienen. Es handelt sich um für das Projekt spezifische Anforderungen. Bei einem Webshop könnten das beispielsweise die Anzahl der Bestellungen pro Tag sein. Das neue Shop- und/oder Warenwirtschaftssystem sollte dabei zum Beispiel mindestens 1.500 Bestellungen am Tag verarbeiten können.
Nichtfunktionale Anforderungen
Bei nichtfunktionalen Anforderungen handelt es sich um Anforderungen, die auch an andere Projekte oder Vorhaben gestellt werden können, wie Zeitverhalten, Ressourcenverbrauch oder ähnliches.
Warum eine Anforderungsanalyse durchführen?
Sinn und Zweck einer Anforderungsanalyse ist es, ein Fundament für zukünftige Entscheidungen zu bilden. Dafür solltest Du neben Deiner eigenen Position auch die Sicht der Anwender und Kunden berücksichtigen, um Anforderungen praxisgerecht formulieren zu können. Die Anforderungsanalyse wird jedoch nicht nur zum reinen Ausformulieren der Anforderungen benötigt. Es geht vielmehr auch darum herauszufinden, ob die festgestellten Anforderungen technisch und wirtschaftliche überhaupt umsetzbar sind.
Die Anforderungsanalyse hat demnach zwei Aufgaben:
- Sie dient in einem ersten Schritt vor allem der Informationssammlung. Dabei werden die Informationen nicht nur gesammelt, sondern die daraus entstehenden Anforderungen auch auf Machbarkeit und Risiko geprüft. Das gesammelte Wissen wird zudem mit Expertenwissen kombiniert und angepasst.
- Sie soll ein unternehmensweites gemeinsames Verständnis über alle betroffenen Personengruppen schaffen und zu einer Konsensbildung führen. Da jede Gruppe die Anforderungen an das Vorhaben definiert, können diese aufeinander abgestimmt und angepasst werden. Sie dient dabei auch als Basis für weitere Schritte wie Kommunikation, Ausschreibungen, Vertragsgestaltungen, Systemarchitektur und weiteres.
Was bedeutet Anforderungsanalyse?
Anforderungsanalyse bedeutet, dass Du Dich vor dem Start eines Projektes ausgiebig mit den daraus entstehenden Anforderungen auseinandersetzt. Dabei ist es wichtig, das Projekt nicht nur aus der eigenen Sicht zu betrachten. Denn die Durchführung einer Anforderungsanalyse bedeutet, ein Projekt von allen Seiten zu betrachten, um möglichst alle Anforderungen einschließen zu können. Neben der Recherche der Anforderungen hat die Analyse auch die Bedeutung, sich mit der Strategie und den Zielen des Unternehmens auseinander zu setzen.
Anforderungsanalyse bedeutet demnach, das durchzuführende Projekt inklusive aller Anforderungen der Stakeholder mit der Strategie und den Zielen des Unternehmens zusammen zu bringen.
Wie sieht eine Anforderungsanalyse aus?
Die Anforderungsanalyse wird im Wesentlichen in vier aufeinanderfolgenden Schritten abgearbeitet:
Anforderungsermittlung
In einem ersten Schritt werden Anforderungen gesammelt. Hierbei kannst Du beispielsweise auf ein bestehendes Lastenheft zurückgreifen, Anwendergespräche führen oder andere Methoden nutzen, um einer erste Informationsrecherche durchzuführen. Du solltest zunächst alle Anforderungen, die mit Ihrem Projekt oder Vorhaben in Verbindung stehen, sammeln und aufschreiben.
Anforderungsanalyse
Die im ersten Schritt gesammelten Anforderungen werden in einem nächsten Schritt nun ausgewertet. Dabei werden die Informationen klassifiziert und beispielsweise unter einem Kosten-/Nutzen-Aspekt bewertet. Die Anforderungen werden zudem auf Vollständigkeit und Konsistenz geprüft und mit anderen Anforderungen verglichen, um ähnliche zusammenfassen zu können.
Anforderungsbeschreibung
Sobald Sie alle Anforderungen gesammelt und analysiert haben, kannst Du diese in einer einheitlichen Form detailliert beschreiben und in einem Dokument zusammenfassen. Damit die Anforderungen auch für andere leicht verständlich sind, empfiehlt es sich, diese in einzelnen Anwendungsfällen zu beschreiben.
Anforderungsrevision
Der letzte Schritt muss nicht unbedingt durchgeführt werden. Im Hinblick auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess ist es jedoch ratsam, festgeschriebene Anforderungen zu einem späteren Zeitpunkt neu zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Folge dabei sind jedoch mögliche neue Projektzyklen.
Diese vier Schritte zusammen ergeben eine ausführliche Anforderungsanalyse und eine Grundlage für Ihre zukünftigen Entscheidungen.
Wie erstellt man eine Anforderungsanalyse?
Elementar für die Anforderungsanalyse ist die Erhebung der Anforderungen. Dazu hier verschiedene Methoden für die Erhebung:
Methoden der Anforderungsanalyse
- Interviews: Beim Interview werden Mitarbeiter in Form eines mündlichen Fragebogens zu einem Themenkomplex befragt. Es empfiehlt sich, Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen/Aufgabenbereichen auszuwählen, um jede Sichtweise auf das Projekt aufnehmen zu können. Interviews sind sehr zeitaufwändig. Aufkommende Fragen und Probleme können jedoch direkt geklärt werden.
- Fragebögen: Hierbei bearbeitet der Mitarbeiter einen Fragebogen mit Multiple-Choice-, aber vor allem offenen Fragen. Er eignet sich besonders für eine große Zielgruppe. Besonders zu berücksichtigen ist hier die Formulierung der Fragen, da Verständnisprobleme oder Rückfragen nicht direkt beantwortet werden können und es leicht zu unterschiedlichen Auffassungen kommt.
- Beobachtung: Eine zeitintensive, aber womöglich sehr aufschlussreiche Methode der Anforderungsanalyse ist die Beobachtung. Hierbei kannst Du beispielsweise eine Feldbeobachtung durchführen und den entsprechenden Mitarbeiter in seiner täglichen Arbeit begleiten. Fragen können direkt geklärt werden und der Analytiker erhält einen guten Überblick und erlernt Fachkenntnis. Eine weitere Möglichkeit ist das „Apprenticing“ (engl. „in die Lehre gehen“). Hierbei erlernt der Analytiker den entsprechenden Bereich unter Anleitung in einer Art Praktikum. Dieses Vorgehen ist noch zeitintensiver und es besteht die Gefahr, sich im Detail zu verlieren.
- Berichtsmethode: Bei dieser Methode notiert der Mitarbeiter seine Tätigkeit selbst in Form einer Tätigkeitsbeschreibung. Die Berichtsmethode ist nicht objektiv und erfordert eine hohe Motivation der Mitarbeiter und klare Vorgaben.
- Brainstorming: Eine nicht zu vernachlässigende Methode der Anforderungsanalyse ist das Brainstorming. Bei dieser Kreativitätstechnik schließen Sie sich mit Mitarbeitern unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche zusammen, um gemeinsam am Problem zu arbeiten und entsprechende Anforderungen aufzeigen zu können. Es wird sich zeigen, dass Sie innerhalb kürzester Zeit auf viele unterschiedliche Anforderungen kommen. Diese gesammelten Anforderungen werden im Anschluss bewertet und für die Weiterverarbeitung selektiert.
Was gehört in eine Anforderungsanalyse?
Die konkreten Bestandteile einer Anforderungsanalyse hängen nicht nur vom Projekt, sondern auch von Ihrer Zielsetzung ab. Ganz allgemein lassen sich die folgenden Inhalte als elementare Bestandteile der Anforderungsanalyse herauskristallisieren:
- Die Zielsetzung: Bevor Du mit der eigentlichen Anforderungsanalyse beginnst, solltest Du zunächst die Zielsetzung definieren.
- Allgemeine Beschreibung: Zusätzlich zum Ziel sollte in einer Anforderungsanalyse auch eine allgemeine Beschreibung des Vorhabens definiert werden.
- Definitionen und Abkürzungen: Es empfiehlt sich, gewisse Begriffe zu definieren, die Du in der Anforderungsanalyse verwendest. Eine Anforderungsanalyse wird häufig auch einer Agentur vorgelegt, welche Sie im geplanten Vorhaben unterstützt. Daher solltest Du darauf achten, auch unternehmensinterne Begriffe zu definieren, die für Dich selbstverständlich sind.
- Funktionale/ nichtfunktionale Anforderungen: Hauptbestandteil der Analyse sind die funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen.
- Ist-Zustand: Gerade dann, wenn Du beispielsweise schon eine Ausgangslage hast und Dich „nur“ neu ausrichten möchtest, ist es ratsam, den Ist-Zustand zu beschreiben. Dieser Punkt erleichtert Dir das Verfassen des nächsten Kapitels.
- Soll-Zustand: Ähnlich wie im Kapitel „Zielsetzung“ enthält eine Anforderungsanalyse auch den erwarteten Soll-Zustand. Während dieser in der Zielsetzung mit wenigen Worten angerissen wird, ist er hier ausführlicher zu beschreiben.
Fazit zur Anforderungsanalyse
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es keinen Königsweg der Anforderungsanalyse gibt. Es ist vielmehr darauf zu achten, die Analyse angepasst an das Unternehmen durchzuführen. Wenn Du zunächst die Zielsetzung und das Vorhaben im Allgemeinen beschreibst, bekommst Du schon ein sehr gutes Bild, welche Inhalte die anschließende Anforderungsanalyse berücksichtigen muss und wie sie aufgebaut sein wird. Berücksichtige in der Analyse so viele Sichtweisen wie möglich, damit keine Anforderungen übersehen werden. Dabei solltest Du versuchen, mehr als eine Erhebungsmethode zu verwenden, um ein möglichst breites Bild zu erhalten. Eine Anforderungsanalyse muss zudem kein abgeschlossener Prozess sein, sondern kann kontinuierlich erweitert und angepasst werden.