Seien wir ehrlich: Projektmanagement ist als Disziplin recht statisch, große Innovationen kommen eher selten vor. Regelmäßig werden Zahlen veröffentlicht, denen zufolge rund ein Drittel aller Projekte scheitert oder zumindest wichtige Ziele verfehlt. Seit Jahren ändert sich auch an dieser Zahl kaum etwas.

Auch die agilen Vorgehensmodelle sind ja alles andere als neu – das Agile Manifest feiert in diesem Jahr seinen 18. Geburtstag. Scrum beispielsweise gehört mittlerweile standardmäßig zum Werkzeugkasten eines jeden Softwareentwicklungsprojektes, wird aber noch häufig als „neue“ Methode betrachtet.

Wenn also zu jedem Jahreswechsel euphorisch die PM-Trends des neuen Jahres ausgerufen werden – wirkliche Innovation, die die Zahl gescheiterter Projekte drastisch drücken würde, hat seit der Einführung agiler Methoden offensichtlich kaum stattgefunden.

Was können wir aus dieser Erkenntnis lernen und wie können wir Projektmanagement gestalten, um die Disziplin spürbar voranzubringen?

  1. Grabenkämpfe aufgeben

Allzu oft spaltet sich die Disziplin in die alte Schule des klassischen Projektmanagements und die „jungen wilden“ Verfechter agiler Methoden. Viel Energie fließt in Erörterungen, warum die eine Methodenwelt der anderen überlegen ist bzw. unter welchen Bedingungen welches Vorgehen ratsam ist und sei es nur, um sich vom jeweils anderen Lager abzugrenzen. Dabei hat die Praxis die Theorie längst überholt. Projektmanager sind oft sehr pragmatisch wenn es darum geht, agile mit klassischen Methoden zu verknüpfen. Was spricht dagegen, einen klassischen Zeitplan in Form eines Gantt-Diagramms anzulegen, aber innerhalb der einzelnen Phasen iterativ vorzugehen? Das ist keine neue Idee, sie wird in der Praxis schon häufig gelebt. Man sollte sich an dieser Stelle auf Best Practices konzentrieren, anstatt sich sklavisch einem Standard zu verpflichten.

  1. Unscharfe Grenzen zulassen

Eine weitere Grenzziehung, die oft recht hypothetisch anmutet, ist die Abgrenzung von Projekten und Tagesgeschäft. Natürlich gibt es Projektmanager, die sich „nur“ ihren Projekten widmen und Teammitglieder, die sich unbelastet von Abteilungsverpflichtungen ausschließlich auf Projekte konzentrieren können. Doch das ist gerade im Bereich der Wissensarbeiter vielfach die Ausnahme. Oft gehen Projektmanagement und Tagesgeschäft Hand in Hand und das Teammitglied ist in einem Moment Projektmitarbeiter und im nächsten Abteilungsmitarbeiter. Wir sollten versuchen, Menschen darin zu unterstützen, beides zu meistern. Dabei gibt es genügend Schnittmengen: Kollaboration, gemeinsames Aufgabenmanagement und Teamkommunikation können so entworfen werden, dass sie nicht nur die Grenzen zwischen Projekten und Tagesgeschäft überbrücken können, sondern auch die zwischen unterschiedlichen Abteilungen und sogar zwischen verschiedenen Unternehmen, Ländern und Zeitzonen. Ob es sich dabei dann strenggenommen noch um Projektmanagement handelt, sei dahingestellt, aber wir könnten unsere Expertise aus Projekten nutzen, um Zusammenarbeit und Teamkommunikation allgemein effizienter und fruchtbarer zu gestalten.

  1. Systeme integrieren

Punkt 1 und 2 setzen natürlich erst einmal voraus, dass ein Umdenken stattfindet, aber es müssen auch die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Mitarbeiter ohne Medienbrüche zusammenarbeiten und kommunizieren können. Schnittstellen werden also eines der großen technischen Themen des neuen Jahres werden, denn nur mit ihrer Hilfe kann man die Vernetzung des Projektmanagements mit benachbarten Themengebieten wie dem CRM oder der Buchhaltung fördern.

  1. Professionalisierung vorantreiben

Projektarbeit ist auf dem Vormarsch. Und: Unternehmen mit einem hohen Anteil an Projekttätigkeit haben einen deutlich höheren Innovationserfolg als Unternehmen mit einem geringen Anteil. Natürlich ist es für Unternehmen sinnvoll und attraktiv, projektbasiert zu arbeiten, doch sie müssen sich auch dahingehend professionalisieren. Oft werden Projekte in Linienorganisationen als „Add-on“ behandelt. Während der Hauptanteil der Arbeit in die Umsetzung fließt, werden kontinuierliche Planung und Steuerung nebenbei abgehandelt. Ein Arbeitsfeld, das eine so große strategische Bedeutung für Unternehmen hat, sollte stattdessen im Organigramm auch entsprechend behandelt werden. Dabei wird spekuliert, ob der CPO (Chief Project Officer) der neue wichtige Typus des C-Managers nach dem CFO, dem CIO und dem CMO sein wird. Zugleich gewinnen PM-Zertifizierungen an Gewicht, weil Unternehmen nach Kriterien suchen, an denen sie Projektmanagement-Expertise erkennen können.

  1. Flexibilität ermöglichen

Die Zahl an virtuellen Teams wird steigen – auch diese Erkenntnis ist nicht neu. Die richtige Technologie ermöglicht es Projektteams, branchenübergreifend zusammenzuarbeiten, selbst wenn sie geographisch verteilt sind und verschiedene Zeitzonen überbrücken müssen. Wir können also davon ausgehen, dass die Nachfrage nach webbasierten und mobilen Applikationen, die für genau solche Teams gedacht sind, steigen wird. Sie bieten Teammitgliedern den Vorteil, dass sie auch von Zuhause aus, in Cafés, auf dem Weg zu einem Kunden und sogar im Pendlerzug ins Büro an ihren Projekten arbeiten können. Das eröffnet Unternehmen den Zugang zu einem größeren Talentpool als wenn sie Mitarbeiter nur an einem einzigen geographischen Ort rekrutieren müssen. Vor allem Mitarbeiter mit Kindern und die Generation der „Millennials“ erwarten sich Flexibilität im Arbeitsalltag und dadurch eine bessere Work-Life-Balance. Wenn Unternehmen also in Zeiten der Vollbeschäftigung die besten Teammitglieder für sich gewinnen wollen, sollten sie sich technisch und organisatorisch so aufstellen, dass Teammitglieder jederzeit und von überall ihren Beitrag zu Projekten leisten können.

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